Freiburg, im Oktober 2001
SCHEUNE e.V.
SCHEUNE - BRIEF 27
Treffen
der Frauen aus Paquiestancia, Ayora
Liebe
Freunde von SCHEUNE e.V.:
Zuerst einmal möchten wir uns bei Euch allen für die lange Sendepause bzgl. der Scheune-Briefe entschuldigen. Dies ist der erste Brief in diesem Jahr. Durch personelle Engpässe (wir arbeiten ja alle ehrenamtlich) und längere Auslandsreisen haben wir es bis jetzt nicht geschafft, Euch über unsere Arbeit, die sich immer mehr ausweitet und aufgrund der schwierigen politischen und sozialen Situation in Ecuador auch immer wichtiger wird, zu informieren. Auch in Zukunft wird es so sein, daß wir maximal zwei Scheune-Briefe pro Jahr versenden. Wir bitten Euch um Verständnis.
Während meines langen Rückfluges
nach Deutschland in diesem Sommer musste ich immer wieder an die Zustände in
Ecuador denken. Noch nie war das Land so von Armut und Gewalt geprägt.
Trotzdem war ich sehr beeindruckt und berührt, insbesondere von der Kraft
der Frauen, die Scheune e.V. unterstützt.
Mein Kontakt mit diesen Gruppen, der überhaupt mein Erster war, hat in
meinem Herzen wundervolle Eindrücke hinterlassen. Nur zu wissen, dass die
Frauen mit so wenigen Mitteln und der bloßen Überzeugung etwas auf die Füße
stellen, ist für mich mehr als staunenswert. Die Frauengruppen ergreifen
selbst die Initiative:
Meerschweinchenzucht, Hühnerzucht oder Gemeinschaftsbäckereien, aber auch
der soziale Aspekt ihrer Arbeit ist wichtig. Sie versammeln sich regelmäßig,
um z.B. über das Selbstbewusstsein als (INDIO)Frau und Mutter zu reden.
Rechtsanwältinnen (selbst Indígenas) halten Vorträge über die Rechte der
Frau. Ein Hauptpunkt dieser Treffen ist jedoch die Alphabetisierung der
Frauen, ein wichtiger Aspekt auf dem Weg in die Selbstständigkeit.
Das ist die Hoffnung, das ist das Leben, das ist die Zukunft.
Die Frauen (las campesinas - Bäuerinnen) aus vielen Regionen in Ecuador
sind von dem Schicksal ihrer Einsamkeit geprägt. In der Bewältigung des
Alltags sind sie völlig auf sich allein gestellt. Ihre Männer gehen häufig
in die großen Städte, um als Lastenträger zu arbeiten oder um sich an die
Bauindustrie als billige Arbeitskraft zu verkaufen, dabei lassen sie ihre
Frauen allein mit einem Berg voller Verantwortung, allein mit den Kindern,
ihrer Erziehung und ihrer Ernährung.
Mein Besuch bei diesen Frauengruppen hat in mir die Überzeugung gestärkt,
dass wir mit der Unterstützung dieser Initiativen das Richtige tun. Die Ökonomie
Ecuadors steht auf den Füßen einer traurigen Realität voll
Korruption und Kriminalität.
Marcello Martinez
Anfang Oktober 2001 schrieb Eduardo Morán:
Liebe Freunde,
Donnerstag und Freitag war ich mit den neuen Zivis in Ambato und Riobamba. Bei dem Treffen in Ambato haben Eltern und Lehrer sehr gute „Arbeitsergebnisse“ präsentiert. Außerdem gab es neue Finanzierungsanträge, einer von einer Frauengruppe und einer von einer Gruppe von Lehrern, die neue Anbaumethoden untersuchen möchten. Hier würde ich mit jeweils 100 Dollarn zu Anfang unter-stützen.
In Riobamba wars auch gut. Neue Schulen und neue Frauengruppen bitten um Unterstützung, und es scheint, daß es bis zum Ende des Jahres 20 weitere Schulen in der Zone um Alausí und in Licto, östlich von Riobamba, sein werden. Bitte sagt mir, ob wir alle fördern können (das wären anfangs schon 2000 Dollar).
Weiterhin gibt es 3 Neuanträge für Projekte von je 1000 Dollar in Riobamba. Eins für Gemüseanbau in einer Gruppe in einer Gemeinde. Die meisten Mitarbeiter sind Jugendliche, die gerade erst angefangen haben in dem Bereich zu arbeiten. Evtl. könnten wir bis Anfang nächsten Jahres warten bis wir finaniell helfen.
Die Frauen aus Cunujhuachay brauchen 1000 Dollar für einen Gemeinschaftsladen. Wir haben diese Frauen bereits früher unterstützt, es sind 88 (früher waren es mehr, aber einige sind gestorben oder abgewandert). Auch hier könnten wir zur Not bis nächstes Jahr mit unserer Hilfe warten.
Eine andere Gruppe in Miraloma beantragt 1000
Dollar, um Zuchtschafe zu kaufen, um später mit der Wolle mit anderen
Gruppen, die stricken, zu handeln. Das Projekt scheint mir sehr gut, aber auch
hier könnten wir noch etwas mit der Finanzierung warten.
Bitte sagt mir doch, was Ihr von diesen Anträgen haltet und wann und wie wir finanzieren können.
Der Lehrer von Las Palmas hat mich noch nicht angerufen, obwohl die Schule schon wieder begonen hat. Ich muß mich auch noch mit dem Lehrer von Chitachaca treffen um zu hören, wies mit der Schule und der staatlichen Anerkennung aussieht.
In Ambato hatten wir Listen der Schüler und Lehrer erbeten und dabei kam raus, daß in 7 Schulen viel zu viele Schüler auf einen Lehrer kommen. Die Eltern müssen etwas dazuzahlen um fehlende Lehrer anzustellen, was sie aber kaum können. Die Lehrer verdienen so wenig, daß sie ihre Arbeit nicht anständig erledigen, manchmal erscheinen sie nicht zum Unterricht etc.
Hier meine Frage: Wäre es möglich, daß
Scheune e.V. jeder der 7 Schulen
mit 40 Dollar pro Monat unter die Arme greift, damit so die Gemeinden die
jeweiligen Lehrergehälter aufstocken können – ein Lehrer würde dann 80
Dollar monatlich verdienen.
Das bedeutet aber für Scheune 420 Dollar monatlich nur für Lehrergehälter, und das für 10 Monate im Jahr = 4200 Dollar (Anm: die Lehrer bekommen kein Geld für die Ferien). Was meint Ihr? Ich warte auf Eure Antworten und verabschiede mich für heute
Eduardo Morán
Alanus
von Radecki – Arbeit mit den Schulen:
Als Rückblick auf unsere Zivizeit in Riobamba möchte ich hier noch mal
einen kleinen Einblick in unsere Arbeit mit den Schulen geben.
Es fing immer damit an, dass irgendjemand von
einer Schule in Chimborazo mitgekriegt hatte, dass SCHEUNE kleine Projekte fördert.
So klingelte es meistens am Samstagmorgen bei uns an der Haustür und wir wurden
in eine Gemeinde eingeladen, um mehr über die Hilfe von SCHEUNE zu erzählen.
Wie
das in Chimborazo so ist, fährt man große
Strecken über oft nicht asphaltierte Straßen und läuft auch noch ziemlich
weit, bis man in den verschiedenen Gemeinden ist. Das ist nicht weiter
schlimm, da die Fahrt immer sehr schön ist und man in einer Gemeinde schon mit
einem großen Essen erwartet wird. Kommt man also an, ist meistens schon die
gesamte Lehrer – und Elternschaft versammelt und wartet darauf, dass ihnen
erklärt wird, wie unsere Hilfe funktioniert. Wir stellten uns dann immer vor
eine Tafel und malten mit viel Phantasie das auf, was wir wichtig für das Verständnis
hielten.
Zuerst bekommen die Eltern und Lehrer,
stellvertretend für die Kinder, 100 Dollar, die sie in ein produktives Projekt
investieren müssen. Bei der Art des Projektes bleibt die Entscheidungsfreiheit
bei den Mitgliedern der Comunidad, da sie schließlich über das Wissen verfügen,
was bei ihnen am besten fruchtet. So kaufen sich einige einen kleinen Stier und
züchten ihn groß, um ihn dann wieder zu verkaufen. Bei anderen gibt es Felder,
die gerade nicht bestellt sind, dort werden dann Saubohnen, Kartoffeln, Erbsen
oder Linsen gesät. Wieder andere machen eine Hühnerzucht auf oder richten
ihren Dorfladen besser ein. So kommt eine unglaubliche Vielzahl an verschiedenen
Projekten zusammen.
Sobald das Projekt die ersten Früchte abwirft
(der Stier verkauft, Gemüse geerntet und verkauft wird etc.), und Gewinn
einbringt, muss die Hälfte der anfänglichen 100 Dollar in eine extra für
diesen Zweck eingerichtete Kasse bezahlt werden. Der Überschuss, der erwirtschaftet
wurde, kann je nach Bedarf für Dinge, die die Schule benötigt (Schulbänke,
Hefte und Stifte), ausgegeben werden, oder das Projekt kann weitergeführt
werden. Sobald diese 50$ wieder in der Schulkasse sind, bekommen die Kinder eine
zweite Hilfe von wiederum 100$, mit denen ein neues Projekt angefangen, oder das
alte fortgesetzt werden kann.
Während einer Versammlung mit Eltern und Lehrern entspannten sich immer wieder
kleine Gespräche über Gott und die Welt. So erfuhren wir von allen möglichen
Problemen, die die Gemeinde hatte, und oft mußten wir auch das System der Dollarisierung
erklären, da die Umrechnung vom Sucre nicht gerade einfach ist. Nach ca. 3
Stunden war meist Schluss und wir fuhren wieder nach Riobamba, um am nächsten
Tag eine andere Gemeinde zu besuchen.So konnten wir innerhalb des letzten Monats
12 neue Schulen der „Zona de Chismaute“ bei Guamote in dieses System
aufnehmen, und sie unter die Schirmherrschaft des engagierten Direktors der
Schule von „Laime San Carlos“ stellen. Ziel dieser 12 Schulen ist es, irgendwann
ihre Kassen zusammenzutun, um dann gemeindeübergreifende größere Projekte
anzufangen. Bis dahin ist es zwar noch ein langer Weg, aber SCHEUNE e.V. hat das
Samenkorn gesät und es ist auf fruchtbaren Boden gefallen.
Alanus von Radecki
Kassenbericht für das
Jahr 2000
Kontostand
per 01.01.2000: DM 12.891,29
EINNAHMEN
AUSGABEN
_____________________________________________________________________________________________
Spenden DM 20.248,89 Ausgaben n. § 2 d. Satzung
(Entwicklungshilfe)
DM
2.070,00
Ausgaben n. § 2 d. Satzung (für mildtä-
tige
Zwecke gem. § 53 d. Abgabenordnung)
DM 25.500,00
Habenzinsen DM
19,72
Kontoführung
DM
4,08
Mitgliedsbeitr. DM 1.805,00
Verwaltungskosten (Porti,
Scheunebriefe, etc.)
DM
1.068,95
_____________________________________________________________________________________________
GESAMT
DM
22.073,61
GESAMT
DM 28.643,03
KONTOABSCHLUß ZUM 31.12.2000: DM 6.321,87
Für
die Richtigkeit: Jürgen Kayser
Weil wir im letzten Jahr über
100 Einzelausgaben hatten, führen wir nur noch die Bereiche auf, ohne die
einzelnen Projekte zu nennen:
In
der Provinz Pichincha, Cayambe:
(Beträge
gerundet, Kursschwankungen)
Soziale Projekte
DM
1.840
Produktive Projekte
DM
230
Schulen
DM
780
Frauengruppen
DM
3.780
Provinzindianerorganisation
DM
70
Individuelle
Hilfen
DM
40
In Quito:
Migranten
DM
90
Individuelle
Hilfen
DM
690
In der Provinz Tungurahua:
Schulen
DM
4.200
In der Provinz Chimborazo:
Provinzindianerorganisation
DM
50
Produktive Projekte
DM
140
Frauengruppen
DM
380
Schulen
DM 4.700
In der Provinz Loja:
Schulen
DM
230
In der Provinz Esmeraldas:
Schule
San Lorenzo
DM
660
In der Provinz Manabí:
Epera
(Transportkosten)
DM 5.060
Für
alle Provinzen gemeinsam:
DM
3.430
Gruppenbetreuung,
Kurse, Kursmaterialien, Kursleiter, Versammlungen, Transportkosten etc..
In Bolivien Wayna
Khocha (bei Cochabamba):
Förderung von Kindergärten DM 1.200
Natürlich würden wir von Scheune e.V. am liebsten antworten, daß wir alles Genannte (und das ist ja nur ein Teil der Neuanträge) so wie vorgeschlagen sofort finanzieren, einschließlich der 3 größeren Projekte. Leider wird das z.Zt. finanziell nicht möglich sein. Schwierig ist es auch, die zusätzlichen 40 Dollar für die Lehrer zu finanzieren, denn 4200 Dollar pro Jahr sind ja schon fast 10000 DM, und das heißt, ca. die Hälfte unserer jährlichen Spenden.
Vielleicht könnten ja Schulklassen in Deutschland oder Lehrerkollegien jeweils monatlich 40 Dollar für die zu unterstützenden Lehrer aufbringen.....
Wir bedanken uns jetzt
schon sehr herzlich im Namen der vielen Gemeinden, Schulen, Frauengruppen,
Kinder... für Eure so notwendigen großzügigen Spenden!
Jeweils zu Anfang eines neuen Jahres können wir Euch wie immer – bei Bedarf – Spendenquittungen zukommen lassen.
unsere Bankverbindung:
Scheune e.V., Kto.Nr. 204
90 83, Sparkasse Freiburg, BLZ 680 501 01
Weitere Nachrichten von Scheune e.V.:
Bereits
im Frühjahr haben Dominik, Nico und Alanus ihren Anderen Dienst im Ausland
beendet. Einige der Zivildienststellen sind bereits wiederbesetzt. Wir danken
besonders Alanus und Dominik dafür, daß sie sich bereiterklärt haben,
Interessierte am „Anderen Dienst im Ausland“ auszuwählen, vorzubereiten und
zu betreuen. Interessierte können sich gerne an Alanus von Radecki
(avradec@t-online.de),
Fehrenbachallee 63, 79106 Freiburg, wenden – Bewerbungsunterlagen bitte mit
frankiertem Rückumschlag.
Unsere
Internetseiten sind nun unter www.scheune-ev.de zu finden.
In
Freiburg fand Anfang Oktober der Markt der Möglichkeiten statt. Scheune e.V.
war mit einem Stand vertreten, an dem reges Interesse bestand.
Viele
von Euch haben bis dato vergessen, ihre Mitgliedsbeiträge zu überweisen. Dürfen
wir Euch bei dieser Gelegenheit daran erinnern?
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Weitere SCHEUNE-Briefe
Wir wünschen Euch allen einen schönen Herbst